Eine Reise zum Nationalpark Prokletije führt Sie zu einer der unberührtesten Naturlandschaften aus ganz Europa. Hier ist das geheimnisvolle Bergmassiv im Nordosten von Montenegro zu Hause, ganz dicht an der Grenze zu Albanien und Kosovo. Das Gebirge trägt den treffenden Beinamen “Süden des Alpens”. Und tatsächlich vermittelt das Gebirgsmassiv im ersten Moment den Eindruck, als sei man in den Alpen angelangt. Doch der Schein trügt. Denn der Nationalpark Prokletije wird von Einsamkeit, glasklaren Gletscherseen, dicht bewachsenen Wäldern und schroffen Felsnadeln dominiert. Außergewöhnlich ist der Anblick des über 2.700 Meter hohen Berges, der als höchste Erhebung des Nationalparks jedoch auf dem Staatsgebiet Albaniens zu Hause ist. Dennoch steckt der Teil des Nationalparks auf der Seite Montenegros ebenfalls voller Überraschungen. Schließlich sind weite Teile der Naturlandschaft bis heute noch nicht komplett erforscht.
Unberührte Naturlandschaften, wohin man auch schaut
Der Begriff Prokletije mag in deutscher Übersetzung für den ersten Moment abschreckend klingen. “Die Verdammten”: diese Worte sind harter Tobak. Dabei ist der Nationalpark Prokletije alles andere als verdammt. Nur im ersten Moment lässt der Anblick der rauen Gipfel, scharfen Felsnadeln oder des über das ganze Jahr hinweg vereisten Hochplateaus ein unangenehmes Gefühl aufkommen. Von Abschreckung oder Verdammnis ist jedoch keine Spur. Nahezu die gesamte Naturlandschaft ist weitgehend unberührt. Doch dafür ist die Gastfreundlichkeit der in den Tälern lebenden balkan-muslimischen Menschen umso größer.
Nationalpark Prokletije ist der jüngste Nationalpark in Montenegro
Es ist erst wenige Jahre her, als der Nationalpark Prokletije im Jahr 2009 ins Leben gerufen wurde. Damals wurde das 16.000 Hektar große Gebiet gegründet, das vom südlichen Teil der Stadt Plav über den Fluss Lim bis unmittelbar über die albanische Grenze verläuft. Doch auch in der von Unruhe bestimmten Region Kosovo sind die Wälder und Felsen zu Hause, in der allein rund 1.700 verschiedene Arten von Kräutern gedeihen. Ein Großteil dieser Kräuter wird heute als Heilpflanzen genutzt und verehrt. Es sind vor allem Reptilien, Insekten und Vögel, die im reichen Grün der Täler und mit Büschen bewucherten Höhenlagen ein Zuhause gefunden haben. Doch auch andere Vogelarten leben im Nationalpark Prokletije, allen voran Bussarde, Falken, Habichte, Reiher und Geier. Außerdem beherbergt die Naturlandschaft einen besonderen Juwel. Hier ist einer der höchsten Gipfel aus ganz Montenegro zu Hause. Diese Erhebung wird durch den höchsten Berg des Landes, den 2.538 Meter hohen Zla Kolata ergänzt.
Ein Paradies für Aktivurlauber
Trekker-Enthusiasten, Radfahrer, Wanderer und Kletter-Begeisterte – all diese Aktivurlauber sind dazu eingeladen, Wälder und Wiesen zu erkunden. Sanft rauschende Bäche passieren stille Gletscherseen. Das Auf und Ab hoch empor ragender Schluchten und tiefer Täler raubt einem dem Atem. In dieser geheimnisvollen Region haben Besucher die Möglichkeit, die Gegenden zu erobern, die zuvor noch keine Menschenseele betreten hat.
Wander- und Kletterfreuden zur Sommerzeit
Der ideale Zeitpunkt für eine Entdeckungstour dieses Gebiets ist von Juni bis September. Während die Temperaturschwankungen in der verbleibenden Zeit des Jahres relativ groß sind, müssen Besucher im Hochsommer nicht um Kälteeinbrüche fürchten. Dennoch werden Schneefelder auch zu dieser Zeit stets in Sichtweite sein. Die meisten Wanderer und Kletterer wählen die Ortschaft Plav als perfekten Ausgangspunkt aus. Plav ist von Belgrad aus mit dem Zug sowie von Podgorica oder Belgrad mit dem Bus erreichbar. Eine Anreise mit dem eigenen Auto ist bis nach Gusinje möglich. Von diesem Startpunkt aus verlaufen mehrere Wanderwege bis ins Ropojana-Tal. An beiden Orten befinden sich mehrere Geschäfte, in denen Wanderer ihr Proviant für bevorstehende Wanderungen aufstocken können. Zudem stehen Kosmetika oder Bekleidung in den Shops bereit.
Die schönsten Gletscherseen des Gebirgsmassivs
Ausflüge zum schönsten Bergsee führen zum in der Nähe von Plav gelegenen Plavsko-See. Dieses Gewässer beeindruckt nicht nur mit seiner spiegelglatten Oberfläche. Der Plavsko-See ist zugleich der größte Gletschersee des gesamten Prokletije-Nationalparks. Der Visitorsko-See verbirgt mit einer kleinen schwimmenden Insel einen besonderen Schatz. Die Legende besagt, dass dieses Eiland einst ein Floß gewesen sein soll. Dieses Floß sollte Rinder vor Raubtieren schützen. Im Laufe der Zeit gedieh auf der Insel eine üppige Vegetation. Erinnerungen an die Legende sind vermutlich mehr Sein als Schein. Der krönende Abschluss auf Wanderungen zu den Gletscherseen ist der Hrid-See. Dieses Gewässer ist unter Wander-Enthusiasten als See von besonderer Schönheit bekannt. Als “See des Glücks” bezeichnet, verspricht der am höchsten in Montenegro gelegene See wahre Glücksmomente. Dieses Gewässer betört nicht nur mit seinem außergewöhnlich schönen Anblick. Zugleich kreuzt der Gletschersee den Weitwanderweg “Peaks of the Balkans”. Das bilderbuchgleiche Ausflugsziel ist am östlichen Ende des Nationalparks zu Hause.
Privat geführte Unterkünfte stehen im Nationalpark Prokletije bereit
Vermutlich ist es genau diese Geheimniskrämerei, die den Nationalpark Prokletije von allen anderen Nationalparks Montenegros unterscheidet. Umso empfehlenswerter ist es, genügend Zeit einzuplanen und dieses unberührte Fleckchen Erde mit all seinen Gesichtern zu erkunden. Zahlreiche Wanderer, Radfahrer oder Kletterer entscheiden sich für mehrtägige Erkundungstouren. Im Nationalpark stehen mehrere Pensionen und private Unterkünfte bereit. Kleine Hotels sind ausschließlich in Gusinje oder Plav gelegen. Dennoch sollten Gäste dieser Gasthäuser und anderer Domizile bedenken, dass sich die Räumlichkeiten aufs Zweckmäßige beschränken. Zudem ist es sinnvoll, das Wandergepäck stets mit einem Hüttenschlafsack aufzustocken. Denn in einigen Gasthäusern oder anderen Unterkünften ist Bettwäsche Mangelware.
Ein Geheimtipp: der Grlja Wasserfall
Wer die Natur im Nationalpark Prokletije in vollen Zügen genießen möchte, sollte für eine Stippvisite in der Naturlandschaft mindestens drei Tage einplanen. Ein Großteil der Wanderwege ist zwar überwiegend für erfahrene Wanderer mit Kondition geeignet. Dennoch gibt es auch einige Streckenabschnitte, die Anfänger problemlos bewältigen können. Wanderer und Radfahrer sollten es sich nicht nehmen lassen, dem Grlja Wasserfall einen Besuch abzustatten. Dieser Wasserfall ist ein Naturspektakel, das man garantiert nicht alle Tage sieht. Das Wasser stürzt bei diesem Wasserfall in die Tiefe – so weit, so gut. Bemerkenswert ist, dass das kühle Nass an diesem Ort komplett in einem Loch in der Tiefe verschwindet.