Wer die Kathedrale St. Johannes Vladimir in Bar verstehen möchte, stößt automatisch auf die vermutlich schönste Liebesgeschichte Montenegros. Die Geschichte der Kathedrale ist eng mit der Legende von Kosara und Vladimir verbunden. Vladimir war einst ein dokleanischer Fürst, der um 998 während kriegerischer Auseinandersetzungen gegen den bulgarischen Zaren Samuel als Kriegsgefangener gehalten wurde. Die Zarentochter Kosara hatte allerdings Mitleid mit den Gefangenen und stattete ihnen täglich einen Besuch ab. Es kam, wie es kommen musste: Kosara verliebte sich in den hübschen Dokleaner.
Die Liebesgeschichte um Doklea und Vladimir
Der Legende zufolge bat die Zarentochter ihren Vater so lange um Zustimmung für eine Hochzeit mit dem Gefangenen, bis dieser einwilligte. Dadurch regierte Fürst Vladimir über Doklea und war unter seinem Volk auch sehr beliebt. Doch Zar Vladislav – seines Zeichens der Nachfolger von Zar Samuel auf dem bulgarischen Thron – fasste den Entschluss, Vladimir zu töten.
Der Zar schmiedete einen Plan, wie er dieses Vorhaben in die Tat umsetzen konnte. Vladislav bat den dokleanischen Fürsten darum, auf dem Hof in Prespa zu erscheinen. Um seine guten Absichten symbolisch zum Ausdruck zu bringen, sandte er ihm ein Holzkreuz zu. Kaum war Vladimir in Prespa eingetroffen, tötete Vladislav den Fürsten auch schon.
Der Fürst war bei seinem Volk sehr beliebt
Das Volk konnte Vladimir jedoch nicht vergessen. Der Fürst galt als wundertätiger Heiliger, dem sie ein besonderes Denkmal widmen wollten. Letztendlich gestattete es Zar Vladislav der Witwe Kosara, den Leichnam ihres verstorbenen Mannes nach Doklea zu überführen.
Danach sorgte Kosara dafür, ihren verstorbenen Gatten im Kloster Prečista Krajinska (auf deutsch: Die Unbefleckte von Krajina) zusammen mit dem Holzkreuz am Skutarisee beizusetzen. In diesem Kloster lebte Kosara als Nonne Teodora fortan weiter. Nach ihrem Tod wurde sie neben ihrem Mann begraben.
Eine Kathedrale zu Ehren eines Fürsten
Anlässlich dieser Geschichte wurde die Kathedrale St. Johannes Vladimir in Bar errichtet. Das Gotteshaus säumt heute das Innenzentrum der montenegrinischen Hafenstadt und ist somit nur wenige Meter von der Küste entfernt. Das insgesamt 41 Meter hohe Kloster umfasst eine Fläche von rund 1.200 Quadratmetern.
Highlights des Gotteshauses sind kostbare Verzierungen wie die Ikostonase aus Marmor, das rund 550 Quadratmeter große Bodenmosaik sowie aufgemalte Fresken. Der untere Teil der Kuppel ist von einem beeindruckenden Bildnis der Madonna mit den zwölf Aposteln gesäumt. Als Gesamtkunstwerk ist die Kathedrale dem Fürsten St. John Vladimir aus der bewegenden Liebesgeschichte gewidmet. Und es gibt viele gute Gründe dafür, weshalb die Menschen den Fürsten so sehr verehrten. Vladimir ging als Beschützer der Stadt Bar und erster Patron Serbiens in die Geschichte ein.
Eine Prozession auf dem Gipfel des Berges Rumija
Bis heute halten die Menschen der Stadt an der Geschichte und den Errungenschaften von Vladimir fest. Die heute noch immer lebende Familie Androvic bewahrt das Kreuz des Heiligen Vladimir von Doklea deshalb auch jetzt noch wie einen Schatz auf. Einmal im Jahr – zur Pfingstzeit – tragen Einheimische das Holzkreuz bis auf den Gipfel des Berges Rumija. Einer weiteren Legende zufolge wurde auf diesem Berg einst eine Marienkirche erbaut. Weiterhin heißt es, dass Menschen aus der Region das Holzkreuz an dieser Stelle nach der Zerstörung der Kirche dort fanden.
Bis heute ist es bei der Prozession üblich, dass alle Teilnehmer auf ihrer Wanderung zum Gipfel von Rumija einen Stein mit sich führen. Einem alten Glauben zufolge soll sich die Kirche nämlich von selbst erneuern, wenn genügend Steine auf dem Gipfel liegen. An dieser Prozession nehmen übrigens Angehörige aller drei Konfessionen teil.