Cetinje - Das pulsierende Kulturzentrum Montenegros
Es gibt nicht viele Städte in Montenegro, die die Reiselust von Weltenbummlern so sehr wecken wie Cetinje. Doch es wäre eine Schmach, in dieses liebliche Land an der Adria zu reisen, ohne in Cetinje vorbeizuschauen. Der königlich anmutende Touristenmagnet trägt seinen Titel als Kulturhauptstadt Montenegros völlig zurecht. Die Stadt lockt nicht nur mit Sehenswürdigkeiten wie prunkvollen Renaissancepalästen und international bedeutenden Museen. Das am Fuße des Lovćen gelegene Kulturzentrum verzaubert zudem mit seiner eindrucksvollen Geschichte. Doch nicht nur in der Vergangenheit machte Cetinje von sich reden. Lange Zeit galt Cetinje als Hauptstadt von Montenegro. Zudem befindet sich mitten in der Stadt der offizielle Sitz des Präsidenten des Landes.Der historische Wandel von Cetinje
Die Geschichte von Cetinje geht auf das Jahr 1482 zurück. Damals suchte der Herrscher Ivan Crnojević Schutz in den Bergen. Nur zwei Jahre später wurde das Kloster der Stadt erbaut. Automatisch räumten Machtgeber Cetinje eine religiöse Vormachtstellung ein. Doch die Flucht in die Berge war fruchtlos. Ende des 15. Jahrhunderts geriet das Gebiet unter die Herrschaft der Türken, die das Kloster dem Erdboden gleichmachten. Erst zum Ende des 17. Jahrhunderts scheute Danilo Petrović – ein Vorfahre der legendären Fürstenfamilie – keine Mühen, um das Gotteshaus wieder aufzubauen. Ihre Blütezeit erlebte die Stadt allerdings erst durch den Einfluss von Njegos, auch als Petar II. Petrović bekannt. Dieser Adlige rief das erste Schulsystem von Montenegro und das erste Senat ins Leben. Schicksalsträchtig war das 1878, als Montenegro als eigener Staat anerkannt wurde. Daraufhin ließen sich zahlreiche europäische Diplomaten in der Stadt nieder, um eine Vielzahl an prachtvollen Botschaftsgebäuden zu errichten. Nachdem Montenegro 1910 zum Königreich ernannt wurde, florierte Cetinje zunehmend. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde eine Kehrtwende eingeleitet, da Podgorica ab diesem Zeitpunkt zur Hauptstadt ernannt wurde. Dennoch ist die Stadt niemals in der Bedeutungslosigkeit untergegangen. Im Gegenteil: noch immer ist die Stadt für ihre prunkvollen Bauten bekannt.
Cetinje und seine architektonischen Besonderheiten
Wer über Kotor, Podgorica oder Budva in Richtung Cetinje reist, trifft auf eine Vielzahl außergewöhnlicher Sehenswürdigkeiten. Eines der eindrucksvollsten architektonischen Highlights ist ein Mausoleum, das dem Begründer der Petrović-Dynastie gewidmet ist. Die Tochter von Nikolas I. ließ das Mausoleum zu Beginn des 19. Jahrhunderts erbauen, indem sie eine Kuppel über dem Sarg anfertigen ließ. Heute befindet sich die Gedenkstätte auf dem Adlerfelsen, der ebenfalls den Namen Orlov Krš trägt. Diese Erhebung begeistert allerdings nicht nur als Herberge des Mausoleums. Die Aussicht von dem Berg auf die Stadt ist einfach phänomenal. Nicht weit von dem Mausoleum entfernt, zieht das Kloster von Cetinje die Blicke auf sich. Dieses 1430 erbaute Gotteshaus gilt als spirituelles Zentrum von Montenegro, das den orthodoxen Heiligen Sveti Petar ehrt. Bis heute beherbergt das ebenfalls als Manastir Sv. Petar bezeichnete Kloster den Brustkorb des Heiligen. Dessen Überreste befinden sich als Reliquie im Kirchenschiff, ebenso wie einen Splitter des Kreuzes Christi und die Hand von Johannes dem Täufer. Ein weiterer Schatz ist eine kostbare Bibliothek, in der historische Drucke aus dem 15. Jahrhundert aufbewahrt werden. Im Innenhof sind ein kleiner Gebetsraum, eine öffentliche Toilette sowie ein Souvenirgeschäft für Besucher zugänglich.
Der Vladin Dom: das größte Gebäude von Cetinje
Ein Abstecher zum Vladin Dom führt direkt zum Kunst- und Geschichtsmuseum. Dieser Dom präsentiert sich als größtes Gebäude der gesamten Stadt, das zugleich als erster Stahlbeton-Bau in Montenegro Geschichte schreibt. Der Prachtbau erlebte im Jahr 1910 seine feierliche Eröffnung und galt damals als Sitz der Staatsverwaltung und Nationalversammlung. Heute beherbergt der Vladin Dom das Kunst- und Geschichtsmuseum von Cetinje. Besucher erblicken eine große Vielfalt an nationalen und internationalen Kunstwerken, die von keinen Geringeren als Picasso oder Chagall stammen. Der Blickfang der Blauen Kapelle ist die "Madonna von Philermos", der Ikone des Schutzheiligen des Malteserordens. Dieses Kunstwerk musste bereits große Strapazen über sich ergehen lassen. Einst retteten Kreuzritter das Meisterwerk aus Jerusalem, bis es endlich nach Cetinje gelangte.
Eine Festung in versteckter Lage
Vis-a-vis zum Kloster der Stadt zeigt die Biljarda nur wenig von ihren architektonischen Reizen. Diese Festung versteckt sich hinter imposanten Türmen und wuchtigen Mauern. Doch dieses Ziel wollte Petar II. im Jahr 1838 auch damit erreichen. Der Name dieses Kastells ist alles andere als zufällig gewählt. Mit der Bezeichnung "Biljarda" unterstrich Erbauer Petar seine Zuneigung zum Billardspiel. Das insgesamt 70 Meter lange Domizil wurde bis zum Jahr 1867 von der Fürsten-Familie in insgesamt 25 Zimmern bewohnt. Daraufhin zog die Familie in einen neuen Palast um. Bis heute gewährt die Biljarda interessante Einblicke in das Leben der Petrovićs. Das heutige Njegoš-Museum stellt sogar noch den berühmten Billardtisch aus, der auf Wunsch von Petar II. einst über Kotor eingeführt wurde. Ebenso beeindruckend ist der Anblick einer detailgetreuen Reliefkarte von Montenegro, auf der einige Sehenswürdigkeiten detailgetreu dargestellt sind.
Kirchbauten mit revolutionärem Hintergrund
Auge in Auge zur Biljarda erwartet Besucher auf einer Erkundungstour durch Cetinje das nächste Highlight. Unmittelbar am Trg Kralja Nikola befindet sich die serbisch-orthodoxe Kirche der jungfräulichen Geburt. Dieses 1890 erbaute Gotteshaus soll den "ewigen Schlaf" der größten Persönlichkeiten der Stadt behüten. Beispielsweise haben König Nikola I. und dessen Ehefrau Milena an diesem Ort ihre letzte Ruhe gefunden. Außerdem – so heißt es – befand sich am heutigen Platz der Kirche einst die erste Druckerei Europas, von der aus die kyrillische Schrift verbreitet wurde. Noch sehenswerter ist am Trg Kralja Nikola allerdings der Ddvor Kralja Nikola. Im Palast des König Nikolas residierte ab 1867 die königliche Familie. Heute ist in den Gemäuern das Nationalmuseum Montenegros zu Hause.
Der Plavi Dvorac: ein Traum in Blau
Die Entdeckungsreise durch Cetinje wird durch einen Abstecher durchs Diplomatenviertel sowie den Schlosspark samt Plavi Dvorac abgerundet. Der hinter dem Garten des Königspalasts gelegene Schlosspark beherbergt unter anderem den Sitz des Thronfolgers. Der Plavi Dvorac – besser als der "blaue Palast" bekannt – zieht die Blicke mit einer Fassade im himmelblauen Farbton magisch an. Einziger Wermutstropfen: diesen Prunkbau können Besucher leider nur von außen besichtigen. Dennoch vereint Cetinje eine Vielzahl an kulturellen und architektonischen Juwelen, die es wert sind, vor Ort bewundert zu werden.